Sowas

Über Reisen und anderen Kleinigkeiten im Leben …

Ragnit (Neman)

Nach dem Besuch der beschädigten Parteiburg ging es nun weiter in das Ortszentrum der 13.000 Einwohner Stadt Ragnit, die heute den Namen Neman trägt. Nach der Ausfahrt aus der Parteiburg bogen wir links ab und erreichten bald den Ortskern.

Wie man aus den Einwohnerzahlen entnehmen kann, ist diese Stadt um einiges kleiner als das benachbarte Tilsit. Das machte sich natürlich auch im Ortszentrum bemerkbar. Die Häuser hatten nicht mehr so viele Stockwerke, und das Leben auf den Strassen schien auch noch eine Spur ruhiger zu sein.

Die erste Station in Ragnit war die Ruine der alten Ordensburg. Die Burg wurde zwischen den Jahren 1397 und 1409 errichtet, und sollte aus Ausgangsbasis des Deutschen Ordens für Eroberungszüge gegen die Litauer dienen. Sie galt nach der Marienburg als die gewaltigste Anlage des Ordens im Baltikum. Bis zum Herbst 1944 war sie auch völlig intakt und diente als Gefängnis. Erst mit der Machtübernahme der Sowjets ab Januar 1945 begann ihr Verfall und die mutwillige Zerstörung. Ein Grund dafür war die Tatsache dass die Sowjets die Burg als “faschistisches Gefängnis” ansahen, und so etwas für sie als nicht erhaltenswert erschien. Eigentlich sollte die Burg völlig dem Erdboden gleichgemacht werden. Sie war aber sehr massiv gebaut. Abrisstrupps gaben nach einem halben Jahr erschöpft auf, und eine Sprengung wäre zu kostenintensiv gewesen. Ausserdem hätte man dann die Ziegelsteine nicht mehr wiederverwenden können. So liess man die Burg eben stehen und widmete sich anderen Dingen. In den 70er und Anfang der 80er Jahre wollte man mit Kriegsfilmen den Patriotismus der sowjetischen Jugend heben. Die Burg diente als Schauplatz für die aktionsreichen Kampfszenen. Hier konnte man ja nach Herzenslust sprengen. Beispielsweise bei einem Film über die Schlacht von Berlin. So wurde die Burg weiter zerstört. Erst nach der Wende kam der grosse Katzenjammer, als man auf Einnahmen durch den Tourismus hoffte, und nun eine völlig zerstört und verwahrloste Sehenswürdigkeit in der Stadt akzeptieren musste. Doch nun ist es zu spät und man muss sich damit abfinden wie es ist. Eine völlige Wiederherstellung dürfte Unsummen an Kosten verschlingen, und scheint derzeit nicht zur Debatte zu stehen.

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Ich vertrat mir noch etwas die Füsse im Ortszentrum, konnte aber sonst keine besonderen Sehenswürdigkeiten mehr entdecken. Interessant auch die Tatsache dass die Stadt im zweiten Weltkrieg kampflos übergeben wurde. Immerhin wurde in Ostpreussen in der Regel ja sehr verbissen gekämpft. So waren kampflose Übergaben eher die Ausnahme.

Das Ortszentrum von Ragnit. Rechts geht es zur Burg.

Russischer Linienbus.

Das Postamt in Ragnit. Über Mittag bis 14:00 geschlossen.

Gemütlicher Spaziergang durch das Ortszentrum.

Parkanlage neben der Hauptstrasse.

Blick auf die Apotheke.

Sitzender Bär im Strassenverkehr.

Diese Strasse zieht sich durch den gesamten Ort.

Hier dürfte es sich auch un ein etwas älteres Haus handeln.

Da die Mittagszeit nun auch schon fast vorbei war und der früher Nachmittag einbrach, machte ich mich im Anschluss meines kurzen Spazierganges mit meinem Reiseführer auf den Weg zum Mittagessen. Ich hätte ihn gerne in das beste Restaurant der Stadt eingeladen, doch er bestand auf den Besuch einer Art Kantine im Stile einer Armenküche. Das spart Zeit und Geld, war sein Argument und so ging ich auf seinen Vorschlag ein. Der Ort ist eine soziale Einrichtung damit sich jeder Bewohner oder Besucher Ragnits einmal satt essen kann. Da die Betreiber mit dieser löblichen Einstellung natürlich nicht kostendeckend agieren könnnen, wird die Küche von der Stadt subventioniert.

In diesem Gebäude ist der kulinarische Edeltempel untergebracht.

So betraten wir den Ort und reihten uns in die Warteschlange ein. Die Köchinnen trugen hohe weisse Mützen und ich bekam eine Art Schweinsgeschnetzeltes mit Nudeln und roten Rüben serviert. Dazu nahm ich mir einige Stücke Gebäck und einen russischen Krapfen. Das kostete mich so um die 2,20 Euro. Das Essen schmeckte eigentlich ganz gut. Wir sassen nach der Essenausgabe in einem grossen Saal mit vielen Tischen und Stühlen. Ganz vorne gab es eine Bühne die wohl zu mancher Zeit schon für gute Unterhaltung gesorgt haben mag. Begeistert war ich aber von der Toilette. Ich fand sie in einem sehr sauberen und gepflegten Zustand vor und war auch von der geschmackvollen Verfliesung sehr angetan. Satt und zufrieden verliessen wir am frühen Nachmittag so den Ort Ragnit und setzten unser Fahrt durch Ostpreussen fort.

Mein Mittagsmahl in der subentionierten Kantine. Ohne Gebäck und Krapfen kostet so etwas unter 2 Euro.

Vorbildlich die Toilettenanlage. Da können sich auch in Österreich viele Gaststätten eine Scheibe abschneiden.

3 Tage in Ostpreussen

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